In der Welt des Weins, wo Geschmack oft von Trends und Moden beeinflusst wird, setzt Sybille Bultmann, Inhaberin des Atable in Freinsheim, auf eine klare Haltung. Ihre Weinkarte ist kein Sammelsurium beliebiger Labels, sondern ein sorgfältig kuratiertes Ensemble von Flaschen, die sie persönlich schätzt – und solche, die sie konsequent vermeidet. Ihre Auswahl zeigt nicht nur eine beeindruckende Bandbreite, sondern auch einen unverstellten Blick auf Qualität und Handwerkskunst im Weinbau.
Die Lieblinge auf der Karte: Eleganz und Substanz
Aktuell finden sich auf Bultmanns Weinkarte einige besondere Tropfen, die sie selbst als Favoriten hervorhebt. An der Spitze steht der 2020 Kastanienbusch Amphore Riesling trocken von Peter Siener, ein Wein, der durch seine Vinifikation in der Amphore eine außergewöhnliche Textur und Mineralität besitzt. Hier zeigt sich, wie ein Riesling, wenn er subtil und zurückhaltend ausgebaut wird, ein Terroir klar widerspiegeln kann.
Ebenso beeindruckend ist der 2021 Kallstadter Riesling trocken von Rings, ein Paradebeispiel dafür, wie Pfälzer Rieslinge gleichzeitig druckvoll und präzise sein können. In einer ganz anderen Liga, aber ebenso spannend, bewegt sich der 2021 Blanchais, Menetou-Salon von Pellé, ein Sauvignon Blanc aus dem Loiretal, der mit Finesse und Frische begeistert.
Bei den Burgundern bevorzugt Bultmann Weine, die das Zusammenspiel von Eleganz und Komplexität meistern. Der 2018 Cailleret, Chassagne-Montrachet Premier Cru von Paul Pillot beeindruckt durch seine subtile Balance zwischen Frucht, Säure und Mineralität. Noch strukturierter zeigt sich der 2017 Mes Cinq Terroirs, Gevrey-Chambertin von Denis Mortet, ein Pinot Noir, der das volle Potenzial seiner Herkunft zeigt: dunkle Frucht, florale Nuancen und ein seidiges Tannin.
Aus Deutschland darf der Spätburgunder nicht fehlen, hier vertreten durch den 2016 Bürgstadter Berg, Erste Lage von Fürst, der mit Präzision und einer filigranen Aromatik besticht. Aus der Toskana ergänzt der 2015 Ampeleia die Liste, ein vielseitiger Rotwein, der gekonnt die Balance zwischen Tradition und Innovation wahrt. Und dann ist da noch der 2019 Côte-Rôtie von Domaine Jamet, ein Syrah, der die Rhône-Region mit ihrer charakteristischen Würze und Tiefe perfekt repräsentiert. Für den unkomplizierten Genuss schätzt Bultmann den 2022 Silvaner trocken Gutswein von Keller, der zeigt, wie viel Potenzial in einem Gutswein stecken kann.
Was sie meidet: Extreme und Übertreibung
So klar wie ihre Vorlieben sind auch die Weine, die Sybille Bultmann nicht schätzt. „Mit glatten Blockbuster-Weinen mit viel Alkohol, viel Holz und viel Frucht kannst du mir nicht kommen,“ sagt sie. „Das ist für mich einfach zu viel von allem.“ Sie bevorzugt Weine mit Eleganz und Balance, die nicht durch Technik überfrachtet wirken.
Auf der anderen Seite lehnt sie auch Weine ab, die unter dem Deckmantel von Naturweinen gefeiert werden, jedoch dünn, sauer, unreif und oft fehlerhaft sind. Für Bultmann bedeutet Authentizität nicht den Verzicht auf Qualität. „Ein Wein darf nicht auf Kosten von Sauberkeit und Handwerkskunst entstehen“, betont sie.
Ein klares Profil in einer vielfältigen Weinwelt
Sybille Bultmanns Auswahl zeigt, dass es ihr um Substanz und Charakter geht – Weine, die eine Geschichte erzählen und die Harmonie zwischen Rebsorte, Terroir und Vinifikation verkörpern. Dabei bewegt sie sich sicher zwischen Klassik und Moderne, ohne in Extreme abzudriften. Ihre Weinkarte ist ein Spiegelbild ihrer Persönlichkeit: präzise, leidenschaftlich und kompromisslos ehrlich. Für Liebhaber und Kenner bietet sie damit eine Orientierungshilfe, die sich klar gegen den Mainstream positioniert – und genau darin liegt ihre Stärke.
Vielen Dank an die Weingüter, die diese Folge begleiten