
Es gibt so unfassbar viele Dinge, die im Podcast nicht besprochen wurde. Wir hatten ja nur drei Stunden Zeit.
Kaum eine Persönlichkeit hat die Rolle der Sommelière im deutschsprachigen Raum so maßgeblich mitgeprägt wie Natalie Lumpp. Was viele nicht wissen: Ihre erste Annäherung an die Welt des Genusses begann 1987 mit einer Ausbildung zur Hotelfachfrau. Nach Stationen in der Traube Tonbach und im Restaurant Bareiss stand sie bereits 1991 – nach dem Gewinn des badischen Weinwettbewerbs – als Chefsommelière in einem der renommiertesten Häuser Deutschlands. Ihre Auszeichnung mit der Trophée Ruinart 1997 als „Beste Deutsche Sommelière“ markierte den endgültigen Durchbruch. Damals war sie – neben Paula Bosch und Claudia Stern – eine von nur drei Frauen in einer männerdominierten Disziplin.
Natalie Lumpp prägte nicht nur Weinkarten, sondern auch Menschen: Namen wie Christina Hilker und Biga Blaschko begannen ihre Laufbahn unter ihrer Anleitung, andere wie Dietmar Fritz arbeiteten Seite an Seite mit ihr. Für viele wurde sie Vorbild durch Haltung, für manche sogar buchstäblich Inspiration – wie etwa Lou, die erzählt, ihr erstes Weinbuch sei ein Geschenk von Lumpp gewesen.
Die Liebe zum Wein war keine externe Prägung, sondern ein innerer Entschluss: „Ich habe ihn als Jugendliche selbst für mich entdeckt“, sagt sie. Ursprünglich sollte ihr Weg in die Oper führen – als Tochter eines Sängers wuchs sie hinter den Kulissen des Freiburger Stadttheaters auf. Dass es am Ende der Wein wurde, sei ebenso konsequent wie glückhaft gewesen.
Der Beruf der Sommelière sei für sie analog, erfordere Präsenz und echte Begegnung. Ihre Traumarena? Der Service bei Alain Ducasse in Paris. Der größte Keller, für den sie je verantwortlich war, zählte 25.000 Flaschen – damals im Bareiss, als junge Frau. Das kleinste Sortiment? Wurde nicht benannt, schien ihr aber nie ein Hindernis.
Fragt man nach dem größten Moment im Glas, nennt sie den 1900er Château Margaux – ein Wein, der selbst ihr die Worte nahm. Und fragt man nach ihrem Wunsch für die letzte Tafel, lautet die Antwort: Armin Röttele möge kochen, begleitet von Riesling, Chardonnay und Pinot Noir. Wein, sagt sie, sei ein Geschenk – immer. Und auch wenn sie Wein sammelt, so lebt sie doch im Moment, ganz präsent, ganz analog.
So erklärt sich, warum Natalie Lumpp nicht nur eine der ersten, sondern bis heute eine der einflussreichsten Sommelièren Deutschlands geblieben ist: weil sie mit klarem Kopf und offenem Herzen dort bleibt, wo Geschmack entsteht – zwischen Glas, Geist und Gegenüber.
Ein großes Dankeschön an die Weingüter, die diese Episode und somit dieses Projekt unterstützen
