
Es gibt Interviews, bei denen man den Eindruck gewinnt, jemand sei mit sich selbst im Reinen. Und dann gibt es Gespräche mit Vincent Moissonnier – bei dem man spürt: Da spricht jemand, der sich bewusst gelöst hat. Von starren Abläufen, von Regeln, von der ewigen Selbstvermarktung, die die Spitzengastronomie so oft mit sich bringt.
In der neuen Folge unseres Podcasts „Sommelier mit Silvio Nitzsche“ trifft der französische Gastgeber auf sein Lieblingsthema: das Bewusstsein für den Beruf. 36 Jahre lang war Moissonnier Patron eines Zwei-Sterne-Restaurants. Heute steht er in einem kleinen Bistro in Köln hinter der Theke. Keine große Bühne mehr, kein Brimborium – aber mit demselben Blick auf das Wesentliche: „Der Gast ist kein Publikum“, sagt er. „Wir sind nicht da, um Applaus zu bekommen.“
Echtheit ist für ihn kein Etikett, sondern eine gelebte Praxis. Wer sich um Gäste kümmert, soll das ehrlich tun – selbst wenn es nur um ein einziges Glas Wein geht. „Wenn jemand im Vorbeigehen sagt: toller Wein, danke – das ist fast das größte Lob.“ Überhaupt: Wein ist für ihn mehr als nur Getränk. „Wein ist mein Leben. Es ist das Ende meines Arbeitstags, es ist Urlaub, es ist Zeit mit meiner Frau.“
Was ihn an der Branche stört? Dass vieles sich gleicht. „Du isst in Berlin, London, Paris, Köln und Dresden die gleiche Küche. Wenn du die Augen zumachst, weißt du nicht, wo du bist.“ Seine Kritik zielt nicht auf Technik, sondern auf Charakter. „Viele kochen hervorragend – aber ohne eigenen Kopf.“ Ihm geht es um Herkunft, Handschrift, Austausch. „Hört den Winzern zu“, sagt er. „Wir sollten nicht jedem Trend hinterherrennen, sondern verstehen, was hinter einem Wein steckt.“
Auch zur Frage, wie man Gästen Wein näherbringt, hat Moissonnier eine klare Haltung: „Wir sollten Wein nicht überhöhen.“ Der Gast will wissen, was er trinkt – aber er will nicht belehrt werden. „Man kann auch viel Spaß mit ganz normalen Weinen haben.“ Deshalb sei es wichtig, auch bezahlbare Optionen auf der Karte zu haben: „Ein Glas für acht Euro – das muss gehen, auch wenn der Hauptgang 58 kostet. Es geht um Achtung. Und um Bodenhaftung.“
Und dann sagt er noch einen Satz, der vielleicht alles erklärt: „Ich wäre ein alter Gamay.“ Eine Rebsorte, oft unterschätzt, offen, lebendig, ehrlich. So wie er selbst.
Ab heute überall, wo es Podcasts gibt.
Ein großes Dankeschön an die Produzenten, die diesen Podcast unterstützen und begleiten:

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