
Zwischen Gläsern, Gesprächen und kleinen Fluchten
Ein persönliches Porträt in vier Flaschen und vier Tischen – mit Martin Kammann
Es sind nicht die lautesten Orte, die Martin Kammann sucht. Auch nicht die spektakulärsten Etiketten. Der Sommelier und Restaurantleiter der Meierei Dirk Luther in Glücksburg scheint sich bewusst für eine andere Form des Erlebens entschieden zu haben. Für eine stille Intensität, für Tiefe ohne Zwang, für Substanz ohne Überhöhung. Seine Lieblingsorte und Lieblingsweine erzählen viel über ihn – und über die Art, wie er die Welt des Genusses begreift.
Da ist etwa der „Terra Montosa“ von Theresa Breuer, dieser kühle, geschliffene Riesling aus dem Rheingau, der Klarheit und Ernsthaftigkeit in sich trägt, ohne an Lebensfreude zu verlieren. Ein Wein, der nicht schreit, sondern spricht – mit feiner Säure, präziser Mineralität und einem Ernst, der nie schwer wirkt. Kammann nennt diesen Wein nicht beiläufig. Er nennt ihn „orientierend“. Vielleicht, weil dieser Riesling etwas lebt, was ihn selbst ausmacht: zurückhaltende Präzision, die Raum lässt.
Oder der „Allo“ von Quinta de Soalheiro, ein Alvarinho mit Loureiro, der aus dem äußersten Norden Portugals kommt und so gar nichts Exotisches braucht, um zu faszinieren. Frisch, fast kühl, mit Zitrus und weißem Stein – ein Wein, der nicht belehrt, sondern einlädt. „Erfrischung mit Rückgrat“, sagt Kammann knapp. Mehr nicht. Muss auch nicht.
Auch kulinarisch zieht es ihn nicht in die glitzernden Speisesäle der Welt, sondern dorthin, wo Küche zu Charakter wird. Die Hafenküche in Flensburg, unspektakulär in ihrer Ästhetik, aber konsequent in ihrer Haltung. Fisch, Kartoffeln, klare Linie. Kein Beiwerk, keine Attitüde – stattdessen eine Form von Handwerk, die sich nichts beweisen muss. Wer mit Martin dort sitzt, versteht bald, was ihm wichtig ist: Ruhe. Geradlinigkeit. Ehrlichkeit im Tun.
Oder Cucine Nervi in Gattinara, im Piemont – ein Ort, der zugleich italienisch tief verwurzelt und gedanklich hochfliegend ist. Weine aus Nebbiolo, Küche mit Schärfe und Anmut. Man sitzt dort wie auf einem Zitat: Teil des Ganzen und doch bei sich.
Dann ist da O Gaveto in Porto, ein traditionelles Fischrestaurant mit Blick auf den Hafen von Matosinhos. Dort, wo der Lärm der Welt anscheinend immer ein bisschen leiser wird, sobald der erste Vinho Verde eingeschenkt ist. Wer dort isst, merkt, dass es nicht um die Komplexität der Technik geht, sondern um den Mut zur Reduktion. Genau das liebt Martin daran.
Und schließlich: Interieur no. 253, das Café-Restaurant im Arp Museum in Rolandseck. Ein Ort, an dem Martin selbst Gastgeber war. Vielleicht ist es deshalb mehr als Erinnerung. Vielleicht ist es auch ein Ort, an dem sich das verdichtet, was ihn antreibt: Kunst, Architektur, Wein – und eine Umgebung, in der das Gespräch wieder Gewicht bekommt.
Wenn man Martin Kammann nach seinen Lieblingsweinen oder Lieblingsrestaurants fragt, dann gibt er keine Rankings. Keine Listen. Keine Superlative. Er antwortet leise. Und trotzdem bleibt vieles lange im Kopf. Wie ein Wein, der nicht sofort alles zeigt – und genau deshalb bleibt.
Unserem Partner der Schlumberger-Gruppe, ein großes Dankeschön für die Unterstützung und Begleitung
